Vom Dialog orthodoxer Juden mit Christen

Für orthodoxe Juden ist das Christentum weiterhin
Götzendienst: Von der Verachtung zur Kooperation?

Kann es eine wahre Versöhnung zwischen Juden und Christen geben? In der Einschätzung dieser Frage gibt es weiterhin große Unterschiede innerhalb des Judentums selbst. Eine Replik auf Jehoschua Ahrens. Von Andreas Nachama, Walter Homolka.
Herder Korrespondenz 4/2021 S. 46-50


Orthodoxe und liberale jüdische Perspektiven auf Jesus und das Christentum:
Romantische Mysterienreligion

Es gibt die Wahrnehmung in Deutschland, dass nur – oder vor allem – das liberale Judentum im Dialog mit dem Christentum engagiert sei und die jüdische Orthodoxie kaum Interesse, ja sogar Vorbehalte habe. Das ist jedoch falsch. Von Jehoschua Ahrens
Herder Korrespondenz 3/2021 S. 20-22

Tag des Judentums 2021 im Lockdown

Seit über 20 Jahren begehen die Kirchen Österreichs jeweils am 17. Jänner den „Tag des Judentums“. Als Gedenktag im Kirchenjahr führte der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) diesen Tag ein. Christinnen und Christen sollen ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusstwerden. Zugleich lädt dieser Tag ein, an jüdischen Menschen und ihrem Glauben begangenen Unrechts in der Geschichte zu gedenken. Wie sehr sich der „Tag des Judentums“ in diesen Jahren etabliert hat, zeigen die vielfältigen Veranstaltungen und Gottesdienste in Österreich. Was mit „Gedenktag“ begonnen hat, wurde um einen „Lerntag“ erweitert, um einen „Tag des Lernens vom Judentum“. Das hat vielfältige Formen und findet an unterschiedlichen Orten statt.
Quelle: Tag des Judentums >>

Die Predigt von Landessuperintendent Thomas Hennefeld beim ÖRKÖ-Gottesdienst zum Tag des Judentums 2021

Ökumenischer Gottesdienst zum Tag des Judentums am 17. Jänner, 18 Uhr)
ZOOM-Livestream hier…
Meeting ID: 808 226 24

Tag des Judentums: Gedenken an Wiener Gesera

Über die vielen positiven jüdisch-wienerischen Wirkungsgeschichten hinaus muss sich die Stadt Wien auch mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sie in der Vernichtung ihrer jüdischen und von den NS-Gesetzen als „jüdisch“ bezeichneten Bewohnerinnen und Bewohner im Laufe der Geschichte eine führende Rolle eingenommen hat. Das betonte die Historikerin und Judaistin Martha Keil im Interview in der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“. Sie äußerte sich anlässlich des kirchlichen Tages des Judentums (17. Jänner), bei dem heuer u.a. das Gedenken an die Wiener Gesera 1420/21 im Mittelpunkt steht. Die Historikerin und Judaistin Martha Keil ist Leiterin des Instituts für Jüdische Geschichte Österreichs in St. Pölten.
Quelle: Erzdiözese Wien >>

40 Jahre Synodalbeschluss „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“


Ehrliches Ringen um ein gutes Verhältnis von Juden und Christen gewürdigt
Vizepräsident des Zentralrats der Juden hält Grußwort auf Landessynode
Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, hat den Dialog zwischen rheinischer Kirche und jüdischen Verbänden gewürdigt. „Seit inzwischen langer Zeit gehen unsere Religionsgemeinschaften in gegenseitigem Respekt miteinander um – eine Umgangsform, die in einigen Teilen der Gesellschaft leider aus der Mode gekommen scheint“, sagte er heute Morgen in einem Grußwort an die 206 Mitglieder der Landessynode in Bad Neuenahr angesichts eines stärker werdenden Antisemitismus‘. Der intensive Dialog zwischen Juden und Christen sei heute wichtiger denn je.
Als „Meilenstein“ bezeichnete Lehrer den von der Landessynode 1980 verabschiedeten Synodalbeschluss zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden. Dass die diesjährige Synode sich zum 40-jährigen Jubiläum nicht auf den Lorbeeren ausruhe, sondern vielmehr frage, wo nachjustiert werden müsse, zeichne die rheinische Kirche aus. „Diese Nachjustierung ist aus meiner Sicht nötig und sinnvoll. Denn die Welt und auch Deutschland haben sich so stark verändert, dass wir – Juden und Christen – vor neuen Herausforderungen stehen“, sagte Lerner.
ekir.de, 13.1.2020

Vor 40 Jahren: EKiR verabschiedet sich von Judenmission
Die Juden müssen zum Heil geführt werden: eine Vorstellung, die die rheinischen Protestanten als erste endgültig aufgegeben haben. Der Synodalbeschluss vor 40 Jahren war eine Sensation – und es dauerte lange, bis die anderen Landeskirchen folgten. Autorin: Christina-Maria Purkert
WDR 5 Diesseits von Eden, 12.01.2020. Verfügbar bis 11.01.2021.

Landessynode würdigt 40 Jahre Synodalbeschluss und justiert nach
Jüdisches Leben besser kennenlernen und die Erinnerungskultur stärken
Bad Neuenahr (15. Januar 2020). Die Evangelische Kirche im Rheinland steht an der Seite des Judentums. Das hat die Landessynode heute aus Anlass des Jubiläums 40 Jahre Synodalbeschluss „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ bekräftigt. Unter der Überschrift „Umkehr und Erneuerung“ beschreibt die rheinische Kirche ihr Verhältnis zum Judentum als bleibende Aufgabe.
Kirchenkreis Mörs, 15.1.2020

Synodalbeschluss »Absage an die Judenmission« (13.05.2017)
Auf der Grundlage der Erklärung der EKD-Synode von Magdeburg 2016 nimmt die Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) zum Thema „Judenmission“ wie folgt Stellung.
AG juden&christen, 13.5.2017

Evangelische Kirche erteilt Judenmission eine Absage
Ohne Schlupfloch
Die evangelische Kirche hat der Judenmission eine klare Absage erteilt. Christen seien „nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen“, heißt es in der Erklärung. Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßt die Entscheidung.
Domradio, 9.11.2016

Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden
Würdigung des Beschlusses und der Thesen der Landessynode von 1980 nach 25 Jahren
Evangelischen Kirche im Rheinland,14.01.2005

Absage an Begriff und Sache christlicher Judenmission
Beschluss der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 12./13.12.2008
PDF >>

Kirche und Staat Israel
Kirchliche Verlautbarungen aus uniertem und reformiertem Kontext
Eine Dokumentation von Auszügen aus kirchlichen Beschlüssen und theologischen Stellungnahmen der Jahre 1980-2001 der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelisch-reformierten Kirche, der Union Evangelischer Kirchen, der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa und des Reformierten Bundes zum Staat Israel
reformiert-info.de >>

Ökumenischer Hirtenbrief anlässlich der Novemberpogrome vor 80 Jahren

Bischof und Superintendent „gegen ein Schweigen, das zum Himmel schreit“

„Gegen ein Schweigen, das zum Himmel schreit“: So lautet die Überschrift und der Grundtenor des gemeinsamen Ökumenischen Hirtenbriefs, den Bischof Ägidius Zsifkovics und Superintendent Manfred Koch 80 Jahre nach den Novemberpogromen des NS-Regimes verfasst haben. Und sie finden sehr klare Worte, an deren Anfang eine zweifache Betroffenheit steht: „Betroffenheit über das unaussprechliche Leid so vieler Menschen“ – insgesamt wurden alleine in dieser Nacht mehrere hundert Menschen ermordet oder in den Suizid getrieben, 30.000 Jüdinnen und Juden in KZs deportiert, darunter 6.500 österreichische Juden –, aber auch „Betroffenheit darüber, dass unsere christlichen Kirchen und ihre Mitglieder so viel schuldig geblieben sind.“

Nur ganz wenige Ausnahmen, etwa der Franziskanerpater Kapistran Pieller, damals Rektor der Klosterschule in Eisenstadt und 1945 von der SS erschossen, hätten dieses „weite Meer beschämenden Schweigens“ durchbrochen. Der Brief wird an alle katholischen und evangelischen Pfarren des Burgenlandes versandt und am 10. oder 11. November verlesen.
Kommentar auf martinus.at >>

Ökumenischer Hirtenbrief als PDF >>

Die Vertreibung der Juden des Burgenlandes

38 Nachrichten zum Jahr 1938 – Die Vertreibung der Juden des Burgenlandes

Aus Anlass des Gedenkjahres 1938 hat die Burgenländische Forschungsgesellschaft eine Facebook-Seite online gestellt, die den zeitlichen Ablauf der Vertreibung der burgenländischen Juden Revue passieren lässt.

Ab dem 11. März bis zum September 2018 werden in 38 Nachrichten die Ereignisse in den einzelnen jüdischen Gemeinden an genau jenem Tag in Erinnerung gerufen, an dem sie 1938 stattfanden. Start ist am 11. März mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Burgenland, die der Auslöser für ein bis dahin selbst in Hitler-Deutschland noch nicht dagewesenes Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung war.

Die 38 Nachrichten bestehen aus Texten, Fotos, Dokumenten und Videos und geben in dieser Form zum ersten Mal ein Gesamtbild der Vertreibungen.

Verantwortlich für die Gestaltung ist eine Redaktionsteam bestehend aus drei Mitarbeitern der Burgenländischen Forschungsgesellschaft: Alfred Lang, Michael Schreiber, Gert Tschögl.

Die FB-Seite ist ab sofort unter dem Namen: „Burgenländische Forschungsgesellschaft – Projekt 1938“ zu finden bzw. unter: https://www.facebook.com/burgenland1938/

Links:

Burgenländische Forschungsgesellschaft

Jüdische Kulturwege im Burgenland

Die jüdischen Gemeinden des Burgenlandes
Ein Beitrag von Dr. Ursula Mindler-Steiner auf History Podcast Burgenland

Oberschützen: Öffentliche Hand soll Anschlussdenkmal sanieren

Umstrittenes Mahnmal wird saniert
burgenland.orf.at, 27.5.2017
Das sogenannte Anschlussdenkmal in Oberschützen (Bez. Oberwart) ist zu einem Mahnmal gegen Diktatur umgewidmet worden. Nun ist es baufällig geworden, die Gemeinde plant eine umfassende Sanierung. Auch die problematische Geschichte soll aufgearbeitet werden.

Burgenland HEUTE vom 26.5.2017 (Video ist 1 Woche verfügbar)
Umstrittenes Monument

Die Schlaininger Synagoge

Historische Kurzinformation

Quelle: Friedensbibliothek Schlaining

Die ersten schriftlichen Hinweise über jüdische Bewohner im Burgenland stammen aus dem 13. Jahrhundert. Die erste urkundliche Erwähnung jüdischer Familien im Südburgenland findet sich in einem Urbar der Schlaininger Familie Baumkirchner (16. Jh.). Zur Entstehung von dauerhaften Judengemeinden kam es erst im 17. Jahrhundert. Die Juden wurden als Fremde betrachtet und waren bestenfalls geduldet.

Den Grundherren waren die Juden hauptsächlich aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen willkommen. Im Raum des heutigen Südburgenlandes war es besonders die Familie Batthyány, die sich um die Ansiedlung jüdischer Bewohner bemühte. Auf den Gütern der Familie entstanden fünf große jüdische Gemeinden: in Groß-Kanizsa, Körmend, Schlaining, Rechnitz und Güssing.

Innenansicht der Schlaininger Synagoge ca. 1930
Innenansicht der Schlaininger Synagoge ca. 1930
Bildquelle: „Geschichte der Jüdischen Gemeinde zu Schlaining“ von Gerhard Baumgartner und „Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden des Burgenlandes“ von Hugo Gold

Der jüdischen Gemeinde Schlaining wurde 1715 ein Grundstück zur Errichtung einer Synagoge zugewiesen. 1864 wurde dieser Bau erstmals restauriert. Neben der Synagoge betrieb die israelitische Kultusgemeinde in Stadtschlaining auch ein Badehaus für das rituelle Bad und eine eigene Schule.

Im Gegensatz zu Rechnitz, wo ein eigenes Ghetto entstand, lebten die Juden in Schlaining ähnlich wie in Güssing, anfangs in einem sogenannten Judenhaus zusammen. Die Juden hatten Schutzgelder und weitere Abgaben in bar zu zahlen. Die Judengemeinden im Südburgenland (Rechnitz, Güssing, Schlaining) entwickelten ein blühendes kulturelles Leben und erwarben durch die Zahlung des Schutzgeldes auch einige Autonomie. So prägte die jüdische Gemeinde den Alltag wesentlich mit. Die Aufhebung der Erwerbs- und Aufenthaltsbeschränkungen im 19. Jahrhundert führte zu einer Abwanderung in andere Gemeinden. 1899 wohnten etwa 150 Personen in Schlaining, 1934 waren es nur noch 19.

Nun folgte das NS-Regime mit Abschiebungen, Vertreibungen und Ermordung der jüdischen Bevölkerung und Beschlagnahmung des gesamten jüdischen Vermögens im Burgenland.

Die Besitzungen der jüdischen Kultusgemeinden wurden an die politischen Gemeinden verkauft (die Kultusgemeinde Wien bzw. Graz wurde dabei kurzerhand zum Rechtsnachfolger aller burgenländischen Gemeinden ernannt). Während Synagogen im Umkreis zu Jugendherbergen oder Feuerwehrhäusern umfunktioniert wurden, kam es in Stadtschlaining zu keiner Zweckentfremdung.

Nach dem Ende der NS-Herrschaft übergab die Gemeinde die Synagoge und die Rabbinerhäuser dem Österreichisch-Jüdischen Museum. Das Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) kaufte 1986 den stark baufälligen Komplex der jüdischen Synagoge und der Rabbinerhäuser. Spenden für die Restaurierung wurden unter anderem im Rahmen einer groß angelegten Bausteinaktion erbracht. 1987/1988 wurden die Objekte restauriert und ihrer nunmehrigen Verwendung als Friedensbibliothek zugeführt.

Die ehemalige Synagoge dient der Verbreitung des Friedensgedankens

Nun dient die ehemalige Synagoge der Verbreitung des Friedensgedankens und stellt den Studierenden und Wissenschaftlern des Friedenszentrums Burg Schlaining, aber auch allen anderen Besuchern, eine stattliche Sammlung von Fachliteratur zur Verfügung.

Literaturhinweis: Baumgartner, Gerhard: Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Schlaining, hrsg. v. Österreichischen Institut für Friedensforschung und Friedenserziehung. Stadtschlaining, 1988

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Judengasse in Mattersburg

Die Ansiedelung jüdischer Familien im Burgenland

Die ersten Juden und Jüdinnen auf heute burgenländischem Gebiet sind für das 13. Jahrhundert nachweisbar. Nach ihrer Vertreibung aus der Steiermark und Kärnten1496 unter Kaiser Maximilian I. und aus Ödenburg und anderen ungarischen Städten nach der Schlacht von Mohács 1526, fanden viele Vertriebene Zuflucht auf westungarischem, heute burgenländischem Gebiet.
Weiterlesen auf burgenland.at

Bilder der ehemaligen Synagoge in Schlaining auf Austria-Forum

Gedenkdienst in Yad Vashem in Jerusalem

Katharina Wendl aus Oberkohlstätten auf Heimaturlaub vom Gedenkdienst

Katharina Wendl trat im August 2016 ihren Gedenkdienst in Yad Vashem in Jerusalem an und war zu Ostern einige Tage auf Heimaturlaub in Oberkohlstätten.

OBERKOHLSTÄTTEN (ps). „Ich möchte mich mit der Shoah (hebräisch für Holocaust), mit der Zeit davor und danach beschäftigen, um nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart besser zu verstehen und dazu beitragen, dass die Forderung „Nie wieder!“ zu keiner heruntergeleierten Phrase verkommt.“
Deshalb entschloss sich Katharina Wendl, nach der Matura am Wimmer Gymnasium, ab August 2016 im Namen der Republik Österreich in Yad Vashem zu arbeiten, der weltweit größten Gedenkstätte zur Erinnerung an den Holocaust.
Im Zuge dessen wollte die Schülerin vor allem im Archiv tätig sein und dort Dokumente (private Briefe, offizielle Schreiben) vom Deutschen ins Englische und vice versa übersetzen.
„Daneben werde ich über einzelne Opfer der Shoah recherchieren und falls offizielle Delegationen aus Österreich kommen, diese in Yad Vashem begleiten“, so Katharina. Mit diesen Vorstellungen trat Katharina Wendl ihren Gedankdienst in Yad Vashem an und sprach bei ihrem Heimaturlaub mit den Bezirksblättern über ihre Aufgaben, Eindrücke und die Zeit in Israel.

Gedenkdienst eine Chance und Herausforderung

„Ich bin froh und stolz, die Möglichkeit bekommen zu haben, Gedenkdienst zu leisten. Ich sehe es als großes Privileg an, ein Jahr lang in Yad Vashem arbeiten zu können, mich mit der Shoah zu beschäftigen und jeden Tag etwas dazulernen zu können. Vor nicht allzu langer Zeit war dies noch vielen jungen Menschen aus zwei Gründen verwehrt: Entweder waren sie Frauen oder nicht wehrpflichtige Männer. Ich beschäftige mich während meines Jahres hier (zum Glück) nicht nur mit der Shoah, sondern kann in eine Kultur und Sprache eintauchen, die sehr faszinierend ist und viele Jahrhunderte lang (und auch weiterhin) die europäische Geschichte und die europäischen Kulturen mit beeinflusst hat“.

Werden deine Erwartungen in Israel erfüllt, oder hast du dir diesen Dienst anders vorgestellt?
„Das ist schwer zu sagen. Den Gedenkdienst habe ich mir ungefähr so vorgestellt, wie ich ihn jetzt auch mache. Wie das Archiv und mein Arbeitsplatz in Yad Vashem aussehen, habe ich mir schon etwas anders vorgestellt. Fast alle Dokumente sind digitalisiert. Die Dokumente, die ich bearbeite, finde ich in der riesigen Datenbank von Yad Vashem auf meinem Computer. Ich bin schon mit ein paar Vorstellungen, vor allem was Sicherheitsvorkehrungen betreffen, nach Israel gefahren, die sich dann als nicht wirklichkeitsgetreu herausgestellt haben. Es gibt nicht so viele Sicherheitschecks vor Einkaufszentren, Geschäften oder Bahnhöfen (wenn, dann sind sie so ähnlich wie Planquadrate) wie ich es erwartet habe. Meine Ansichten zu Politik und Gesellschaft haben sich in meiner Wahrnehmung vor Ort nicht wesentlich geändert. Die Gründe, warum ich mich z.B. als Europäerin fühle, warum es gut ist, strenge Waffengesetze zu haben, sind mir bewusster geworden, sind nun viel schneller abrufbar, weil ich hier meine Ansichten verteidigen muss.

Wie ist das Leben in Israel, fernab von zuhause?
Ganz schön. Durch neue soziale Medien ist das Heimweh nicht besonders groß. Die Arbeit gefällt mir. Meine Mitbewohner/Innen sind freundlich, Jerusalem ist toll. Ich kann mich in dieser Hinsicht nicht beschweren. Schwierigkeiten gibt es natürlich, das abzustreiten wäre lächerlich. Aber ich habe immer Unterstützung erfahren: von der Österr. Botschaft in Tel Aviv, vom Verein Gedenkdienst und natürlich von meiner Familie.
Gedenkdienst war und ist hart umkämpft. In den letzten Monaten gab es Versuche vonseiten des BMASK aufgrund von finanziellen Vorgaben ihrerseits, den Gedenkdienst zu kürzen. Ich habe die Diskussionen im Verein, die Kampagne usw. mitverfolgt und mich hat das sehr bewegt, obwohl es mich nicht direkt betrifft, sondern die nächsten Jahrgänge. Die Richtlinien des BMASK, was die Förderung der Gedenkdienstleistenden anbelangt, finde ich hart, despektierlich und höhnisch gegenüber der Arbeit, die wir Gedenkdienstleistenden machen und den Lebensumständen, unter denen wir leben.
Gedenkdienst ist aktive Gedenkpolitik und “Kultur, die von den jungen Menschen, die diesen Freiwilligendienst machen, im Namen der Republik Österreich nach außen getragen wird. Diese Arbeit ist wichtig. Die Arbeit, die zu tun ist, wird nicht weniger, schon gar nicht in Yad Vashem. Sie ist auch nicht weniger bedeutend als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren – die aktuellen Entwicklungen in der Politik sowohl in Österreich als auch im Ausland zeigen, wie wichtig es ist, ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein zu haben und zu wissen, was passiert ist und warum es in unseren Geschichtsbüchern steht – auch wenn es wehtut.

Wie lange bleibst du noch und wo bist du im Einsatz?
Da der Gedenkdienst ein 12,5-monatiger Freiwilligendienst ist, werde ich meinen Gedenkdienst Ende August beenden und danach zurück nach Österreich kommen.
Meine Einsatzstelle ist Yad Vashem, eine der bedeutendsten Gedenkstätten, die an die Shoah erinnern und sie wissenschaftlich dokumentieren. Durch einen Beschluss des israelischen Parlaments wurde Yad Vashem als nationale Holocaust-Gedenkstätte 1953 gegründet. Der Name „Yad Vashem“ bedeutet Denkmal und Name und ist Jesaja 56,5 entlehnt: „Ihnen allen errichte ich in meinem Haus / und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen, / der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, / der niemals ausgetilgt wird.“ Ein besonders wichtiges Ziel Yad Vashems ist es, die Namen möglichst aller Jüdinnen und Juden, die im Holocaust ermordet worden sind, herauszufinden. Die Namen können sowohl online als auch vor Ort in der Hall of Names recherchiert werden.
Seit 1953 haben die Mitarbeiter_innen von Yad Vashem wertvolle Arbeit darin geleistet, Dokumente und Objekte jeder Art in Zusammenhang mit dem Holocaust zu konservieren und zu erhalten, den Holocaust zu erforschen und zu vermitteln. Das Archiv, das über 60 Millionen Dokumente beherbergt, wächst immer weiter. Noch längst nicht sind alle Akten digitalisiert und bearbeitet. Im Zuge von Projekten wie „Gathering the Fragments“ stoßen Wissenschafter_innen immer wieder auf neue Dokumente, Erinnerungsstücke und Lebensgeschichten von Holocaustüberlebenden. Das Archiv selbst ist in verschiedene Abteilungen eingeteilt. So gibt es etwa ein deutschsprachiges, ein russisch-, ein ungarisch-, und ein polnischsprachiges Archiv. Außerdem verfügt Yad Vashem über eine Bibliothek mit einem Bestand von über 130.000 Titeln in über 50 verschiedenen Sprachen, die sowohl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Yad Vashems als auch von Außenstehenden genutzt werden kann.

Was sind deine Tätigkeiten

Katalogisierungstätigkeiten bei Neueingängen im Archiv
Herbert Rosenkranz (1924-2003) war ein österreichisch-israelischer Historiker und Archivar in Yad Vashem. Von Anfang an hat er die Idee des Gedenkdienstes unterstützt. Er sammelte unergiebig alle Arten von Dokumenten, die mit Österreich, dem Nationalsozialismus und dem Holocaust zu tun haben. Bis heute arbeiten die österreichischen Gedenkdienstleistenden daran, seinen umfangreichen und wissenschaftlich besonders relevanten Nachlass zu katalogisieren, um es Wissenschafter_innen und anderen interessierten Personen zu ermöglichen, Einsicht in jene Dokumente zu erlangen.
„In den letzten vier Monaten hatte ich die Gelegenheit, sehr viel über die Jüdische Gemeinde in Wien während der Zeit des Nationalsozialismus in Österreich zu lesen und zu lernen. Neben der Korrespondenz zwischen offiziellen Vertretern der Jüdischen Gemeinde und nationalsozialistischen Behörden über die Konfiszierung von Gebäuden und rituellen Objekten, antisemitische Verordnungen und die Errichtung und Organisation von Hachshara-Lagern (Umschulungslager für jüdische Auswanderer_Auswanderinnen) habe ich sehr viele Dokumente zur Flucht aus Österreich katalogisiert.

Nachforschungen über einzelne Opfer der Shoah, sowie Bearbeitung diverser Anfragen an das Archiv
„Bis Mitte Jänner war ich zweimal in der Woche im Beit HaKehillot (Haus der Gemeinden) damit beschäftigt, bereits archivierte Pages of Testimony im zentralen Suchsystem Yad Vashems („Sapir“) zu suchen, um sicherzustellen, dass sie sowohl online als auch offline zugänglich sind. Dieses Projekt ist nun abgeschlossen.
Wenn Besucher_innen bei der Suche nach Informationen zu ihren Angehörigen Unterstützung bei der Suche und beim Verstehen von deutschsprachigen Dokumenten in den Archiven von Yad Vashem oder im Archiv des Internationalen Suchdienstes (ITS) Hilfe benötigen, werde ich hin und wieder zu Rate gezogen.

Empfang und Führung offizieller österreichischer Delegationen
Offizielle Delegationen besuchen meist 1,5 bis 2,5 Stunden lang Yad Vashem und werden von einem Vertreter oder einer Vertreterin der österreichischen Botschaft in Tel Aviv begleitet. Nach der Begrüßung durch den Guide und mich findet eine kurze Führung durch das Historische Museum statt. Dabei wird auf die Interessen der Delegation eingegangen. Anschließend besucht die Delegation die Hall of Names.

03.01.2017 – Besuch der Staatssekretärin für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung Muna Duzdar in Yad Vashem
Muna Duzdar durfte ich zu Beginn des Jahres in Yad Vashem empfangen. Sie zeigte sich sehr interessiert an der Arbeit der Holocaustgedenkstätte und bekräftigte ihre Unterstützung für den Gedenkdienst. Besonders beeindruckt haben sie die verschiedenen Lebensgeschichten der Verfolgten und die Technologien, die Yad Vashem einsetzt, um die Shoah zeitgemäß zu vermitteln.

Yad Vashem – internationaale Holocaust-Gedenkstätte

Yad Vashem – The World Holocaust Remembrance Center

Enthüllung der Roma-Gedenktafel in Holzschlag

161029 Gedenktafel Holzschlag2

161029 Gedenktafel Holzschlag1Am Friedhof Holzschlag wurde Freitagabend feierlich eine neue Roma-Gedenktafel enthüllt.
meinbezirk.at, 29.10.2016

HOLZSCHLAG. 1937 hatte Holzschlag mit 661 Personen die höchste Einwohnerzahl, 310 Personen waren davon als Roma registriert. Nach dem Zweiten Weltkrieg sank die Zahl der Bevölkerung durch die Deportation der Roma auf 341.
Nur 28 von den 310 zuvor in Holzschlag lebenden Roma kehrten ins Dorf zurück. Die Deportation der Holzschläger Roma, die alle registriert waren, erfolgte in zumindest drei Phasen. Zuerst wurden 1939 arbeitsfähige Männer abgeholt. In der Nacht zum 31. Oktober 1941 kam die SS/SA ein zweites Mal und holte alle Roma aus ihren Häusern. Im April 1943 wurden dann die letzten verbliebenen Roma deportiert. Dabei handelte sich um Männer um die 70 ebenso wie Kinder im Alter von wenigen Monaten.

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Gedenktafel am Friedhof
In einer Andacht in der Evang. Kirche Holzschlag mit Pfarrer Gerhard Harkam, Pfarrer Sebastian Edakarottu, SI Manfred Koch, Vertretern der Gemeinde rund um Bgm. Leonhard Schneemann, zahlreichen Gemeindebürgern sowie Roma-Vertretern wurde der Opfer Freitagabend gedacht.
Im Anschluss erfolgte die Enthüllung der neuen Gedenktafel am Friedhof. Diese beinhaltet die Inschrift „Wir gedenen der Roma und Romnija aus Holzschlag, die während des NS-Terrorregimes ermordet wurden. Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“